Veranstaltung: | Bundesjugendwerkskonferenz 2016 |
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Antragsteller*in: | Bezirksjugendwerk der AWO Niederrhein (dort beschlossen am: 08.05.2016) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 30.03.2016, 12:48 |
19: Abschaffung der Stigmatisierung von Kindern und Jugendlichen mit Einwanderungsgeschichte
Antragstext
Die Bundesjugendwerkskonferenz möge beschließen:
Das Bundesjugendwerk der AWO e. V. sensibilisiert in Gesprächen mit
Bundespolitiker*innen und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend, dafür:
·Dass die Stigmatisierung von Kindern und Jugendlichen mit
Einwanderungsgeschichte abzuschaffen ist. Zukünftig ist auch bei der Förderung
mit öffentlichen Geldern zu überdenken, ob eine Finanzierung von jungen Menschen
mit Einwanderungsgeschichte, der Grund der Förderung, die
Einwanderungsgeschichte und somit die Herkunft der Menschen und/ oder ihrer
Familien sein sollte. Auf Grund dessen, fordern wir mittelfristig auch ein
Umdenken bei der Mittelverteilung für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen,
einhergehend mit einer Erhöhung der Strukturförderung, damit die Kapazitäten für
eine interkulturelle Öffnung in den Verbänden, dort wo noch nicht umgesetzt,
gewährleistet werden kann.
·Kinder- und Jugendverbände, welche die „Interkulturelle Öffnung“ heute bereits
aktiv leben und Mitglieder mit Einwanderungsgeschichte entsprechend dem
Bevölkerungsanteil in ihren Strukturen und als Teilnehmer*innen zu verzeichnen
haben, sollten durch die Förderung des Bundes verstärkt unterstützt werden und
nicht noch durch zusätzlichen bürokratischen Aufwand bei Antrags- und
Verwendungsnachweisen „bestraft“ werden.
Begründung
In der Praxis ist es seit Jahren gang und gäbe, dass es immer wieder Fördertöpfe gibt, welche ausdrücklich der Zielgruppe Kinder und Jugendliche mit Einwanderungsgeschichte vorbehalten sind. Bei Sachberichten zu Verwendungsnachweisen wird oftmals erwartet bzw. vorausgesetzt, dass die Träger dezidiert aufführen, ob sie Kinder und Jugendliche mit Einwanderungsgeschichte erreicht haben und möglichst noch die Länder benennen aus denen die Familien nach Deutschland eingewandert sind, dieses auch, wenn es nicht ausdrücklich in den Richtlinien steht.
Jahrelang haben wir diese Praxis begrüßt und uns auch politisch dafür stark gemacht, denn „Interkulturelle Öffnung“ ist nicht ausschließlich ein Thema des politischen Willens von Kinder- und Jugendverbänden, sondern geht einher mit einem höheren Förderbedarf der Träger. Insofern waren explizite Fördertöpfe für die Zielgruppe unabdingbar.
Doch inzwischen schreiben wir das Jahr 2016 und es wird Zeit für ein Umdenken. Kinder und Jugendliche mit Einwanderungsgeschichte sind ein Teil unserer Gesellschaft, ohne wenn und aber. Im Jahr 2014 hatten 20,3% Anteil der Gesamtbevölkerung einen sogenannten „Migrationshintergrund“ und in NRW hatte bereits im Jahr 2011 jede vierte Person einen „Migrationshintergrund“. (Quelle: Statistisches Bundesamt). Durch die vermehrte Einwanderung von geflüchteten Kindern und Jugendlichen im Jahr 2015 und in den kommenden Jahren, wird sich die Anzahl von Menschen mit Einwanderungsgeschichte in Deutschland vermutlich signifikant erhöhen.
Dies beweist, dass wir inzwischen eine vielfältige Gesellschaft bilden, die auch durch Einwanderung mitgeprägt wird. Doch zeitgleich sollte Einwanderungsgeschichte kein Indikator mehr für „Problemfördertöpfe“ sein, sondern der Einbezug von Kindern und Jugendlichen, beispielsweise in die Kinder- und Jugendverbandsarbeit, muss „alltäglich“ werden. Einwanderungsgeschichte ist nicht per se ein Indikator für Benachteiligung und Vielfalt sollte endlich, als eine Chance für unsere Gesellschaft, Anerkennung finden.
Ganz im Gegenteil sollten diejenigen, die es nicht schaffen Kinder und Jugendliche mit Einwanderungsgeschichte entsprechend dem Bevölkerungsanteil zu erreichen, sich strukturell mit dem Ziel auseinandersetzen. Hierdurch würden eine Sensibilisierung und ein Umdenken bezüglich der „Interkulturellen Öffnung“ stattfinden, da sich dezidiert mit der Thematik auseinandergesetzt werden muss und vielleicht auch neue Wege bereitet werden müssten.
Wir sind uns dessen bewusst, dass dieses Thema ein „heißes Eisen“ und sehr innovativ ist, doch wer soll es anfassen, wenn nicht wir Jugendwerker*innen?
Kindgerechte Fassung:
Wir möchten, dass das Bundesjugendwerk mit dem Ministerium und mit Politiker*innen spricht, damit sie in Zukunft wissen, dass manchmal Dinge die gut gedacht sind, trotzdem auch mal geändert werden müssen, weil sich unser Land und unsere Menschen darin verändert haben. Wir möchten nicht mehr, dass Kinder und Jugendliche, die oder deren Eltern aus einem anderen Land nach Deutschland gekommen sind, immer wieder so genannt werden. Wir möchten auch, dass die Politik nicht nur extra Geld gibt, damit die Kinder und Jugendlichen die aus einem anderen Land kommen betreut und bespaßt werden, sondern dass es grundsätzlich für alle mehr Geld gibt, damit alle Jugendwerke und andere Vereine, für alle Kinder und Jugendlichen schöne Dinge anbieten können.
Wir haben das Jahr 2016 und in Deutschland ist fast jedes vierte Kind oder Jugendlicher selbst, oder deren Eltern, aus einem anderen Land zu uns gekommen. Das ist normal und auch gut so, deshalb möchten wir, dass alle das normal finden und die Kinder und Jugendlichen nicht immer als anders gesehen werden.
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